Informationsfreiheit ausgebremst

Wie Behörden jedes Schlupfloch nutzen, um Transparenzverpflichtungen zu entgehen
Von Jason Leopold

Am 13. Dezember 2016 verklagte ich das FBI wegen Verstoßes gegen das Gesetz über Informationsfreiheit (Freedom of Information Act, FOIA). Ich will eine ganze Reihe von Dokumenten einsehen, die Aufschluss über einige äußerst kontroverse Entscheidungen der Sicherheitsbehörde in den Wochen vor der Präsidentschaftswahl geben können und die nach Ansicht von Politikern der Demokratischen Partei und von Anhängern Hillary Clintons dazu geführt hatten, dass Donald Trump das Rennen machte.

Inhaltsverzeichnis

Attacks on the Press book cover
Attacks on the Press book cover

Besonders bemerkenswert ist, dass der FBI-Direktor James Comey zehn Tage vor der Wahl einen Brief an führende Kongressabgeordnete schickte. Er informierte sie, dass seine Behörde möglicherweise neue Emails entdeckt habe, die für ihre Untersuchung von Clintons Email-Server und ihrem Umgang mit vertraulichen Informationen relevant seien. Außerdem wurde ein seit langem schlafender Twitter-Account des FBI-Archivs reaktiviert und verbreitete eine Woche vor der Wahl neu veröffentlichte Dokumente über Bill Clintons Begnadigung des Finanziers Marc Rich im Jahr 2000, gegen den Comey als Staatsanwalt ermittelt hatte.

Hat das FBI versucht, Trump zum Wahlerfolg zu verhelfen? Wer in der Behörde hat Informationen über das, was hinter verschlossenen Türen vor sich ging, an The New York Times, The Wall Street Journal und andere Meiden weitergegeben? Das will ich mit meiner FOIA-Klage, die ich als Redakteur von VICE News eingereicht habe, herausfinden. Mein Ziel ist, Zugang zu Dokumenten zu erhalten, aus denen hervorgeht, aufgrund welcher Entscheidungen Comey seinen Brief an den Kongress sendete und das FBI die Rich-Dokumente verbreitete. Aber das ist erst der Anfang. Meine Klage bezieht sich auch auf alles, was das FBI über das Nachrichtenportal Breitbart News und seinen Chef Stephen Bannon dokumentiert hat.

Diese Klage reagiert nicht nur unmittelbar auf die dramatischen Entwicklungen bei den Präsidentschaftswahlen, sondern prangert zugleich an, wie Regierungsbehörden den Informationsfluss blockieren. Vor sechs Jahren fing ich an, mich intensiv mit dem Freedom of Information Act zu befassen. Damals erhielt ich einen dringenden Anruf von Mikey Weinstein, dem Leiter einer gemeinnützige Organisation, die sich für die Trennung von Staat und Kirche innerhalb des Militärs einsetzt.

Weinstein hatte einige Power Point-Folien von einer Quelle bei der US-Luftwaffe bekommen, die er mir zeigen wollte. Seiner Ansicht nach war der Inhalt explosiv und möglicherweise die Grundlage für eine sehr gute Reportage. Ich sagte ihm, er solle mir die Dokumente schicken.

Als ich später Dutzende Folien durchsah, wurde mir klar, dass es sich tatsächlich um äußerst relevante Dokumente handelte. Die Folien deckten auf, dass die Luftwaffe in ihren Offiziersschulungen über die ethischen und moralischen Aspekte von Atomwaffen-Einsätzen Zitate aus der Lehre Jesu Christi und von Wernher Von Braun verwendete. Letzterer war nicht nur der Wegbereiter der modernen Raumfahrt, sondern auch Mitglied der SS.

Ein geschwärztes Dokument, das der Autor nach einer Anfrage im Rahmen des Freedom of Information Act erhielt. (Jason Leopold)
Ein geschwärztes Dokument, das der Autor nach einer Anfrage im Rahmen des Freedom of Information Act erhielt. (Jason Leopold)

Darüber schrieb ich eine Reportage, die ich mit den Dokumenten illustrierte und auf Truthout.org veröffentlichte. Die Reaktionen kamen prompt, und der Artikel hatte weitreichende Folgen. Er verbreitete sich rasant, wurde von anderen Nachrichtendiensten aufgenommen und führte dazu, dass die Luftwaffe innerhalb von 24 Stunden ihre Ethik-Ausbildung, die zu diesem Zeitpunkt bereits seit zwei Jahrzehnten durchgeführt wurde, auf Eis legte. Wenige Tage verwarf die Luftwaffe ihr gesamtes Lehrmaterial.

Natürlich hing die ganze Reportage von den Power-Point-Folien ab. Enthüllungsjournalismus lebt von Belegen, nicht nur, weil sie die Geschichte stützen, sondern auch, weil es ohne sie oft gar keine Geschichte gibt. Weinstein erzählte mir später, dass einer seiner Kontaktpersonen bei der Luftwaffe den Freedom of Information Act genutzt hatte, um die Power-Point-Folien von der Luftwaffe zu bekommen, was für mich deren Authentizität belegte. Weinsteins Anruf hatte für mich nicht nur den Grundstein für eine Reportage gelegt, sondern auch für eine berufliche Odyssee, die über Jahre hinweg Unmengen wichtiger Dokumente ans Licht brachte.

Dank der Power-Point-Folien der Luftwaffe ging mir ein Licht auf. Ich hatte schon seit Jahren zu Fragen der nationalen Sicherheit gearbeitet, fand es aber zunehmend schwierig, an Informationen zu gelangen – die Regierung hütete ihre Geheimnisse gut und verfolgte Personen aggressiv, die den Medien Dokumente zuspielten. Und dennoch: Der ehemalige Präsident Barack Obama hatte schon an seinem ersten Tag im Amt ein Memorandum aufgesetzt, das eine neue Ära der Transparenz und offenen Regierung ankündigte und die Leiter der Exekutivbehörden anwies, „Informationen rasch offenzulegen”.

Bei den Recherchen zur Luftwaffe war der FOIA ein Schlüsselinstrument, um an Dokumente einer Bundesbehörde zu gelangen. Also entschied ich, dass ich dieses Instrument auch bei anderen Recherchen nutzen würde.

Die US-Gesetze über die öffentliche Zugänglichkeit von Dokumenten setzen weltweit Standards. Viele Länder lassen sich von den USA inspirieren. Aber als ich mich tiefer in die Materie begab, beobachtete ich einen gegenläufigen Trend: Einige Regierungsbehörden scheinen hauptsächlich daran interessiert zu sein, mich – und die Öffentlichkeit – im Dunkeln zu lassen, oft, indem sie Transparenz-Vorschriften in einem Ausmaß umgehen, das an bürokratische Zensur grenzt. Und das, obwohl die Anordnungen von oben und die Gesetze auf bundesstaatlicher und föderaler Ebene das Gegenteil vorsehen.

Dieser Trend ist auch in anderen Ländern zu beobachten. So stellte die Nachrichtenagentur Associated Press im Rahmen einer Studie, die sie im Jahr 2011 veröffentlichte (und in einem CPF-Blog-Artikel zusammengefasst wird), Anträge auf Akteneinsicht in 105 Ländern, die über eigene Informationsfreiheitsgesetze verfügen. Nur eine Handvoll, 14, reagierten innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Frist. Weitere 38 Länder beantworteten schließlich die meisten Fragen der Presseagentur und stellten AP einige Daten zur Verfügung. Durchschnittlich reagierten jüngere Demokratien schneller und ausführlicher als ältere. Aber mehr als die Hälfte der Staaten händigte kein einziges Dokument aus und drei von vier nahmen die Anfrage von AP nicht einmal zur Kenntnis.

Als sich die US-Behörden von der Bundes- bis hinab zur Kommunalebene auf die neuen Transparenz-Vorschriften einstellen mussten, entwickelten viele von ihnen Ausweichstrategien. Sie legten überhöhte Gebühren fest, schufen unüberwindbare bürokratische Hürden und formulierten willkürliche Ausnahmen, um Dokumente nicht herausgeben zu müssen, die für Enthüllungsgeschichten wesentlich sind. Einem Journalisten, dessen Anfrage abgelehnt wird, bleibt meist nur ein Rechtsstreit. Für Freiberufler ist das eine gewaltige Hürde, weil sie sich ein voraussichtlich langwieriges Gerichtsverfahren nicht leisten können.

Die Situation heute hat nicht mehr viel mit meinen Erfahrungen bei der Luftwaffen-Reportage zu tun. Im Jahr 2011 machte mich Weinstein mit seinem Freund bei der Luftwaffe bekannt, der mir beibrachte, wie ich erfolgreiche FOIA-Anfragen stellte. Ich studierte das 50 Jahre alte Gesetz, die FOIA-Vorschriften unterschiedlicher Behörden und ihre Dokumentationssysteme, um herauszufinden, wo die Dokumente, die ich suchte, höchstwahrscheinlich verwahrt wurden. Ich lernte, wie ich Behörden davon überzeugen konnte, meine Anfragen beschleunigt zu bearbeiten (also oben auf den Stapel zu kommen) und mir einen Gebührenerlass zu gewähren. Zwischen 2011 und 2012 stellte ich mehr als 500 FOIA-Anfragen wegen unterschiedlicher Themen wie dem CIA-Programm für gezielte Tötungen, der Behandlung von Gefangenen in Guantanamo und der mutmaßlichen FBI-Überwachung von Bürgerrechtsaktivisten. Von meinem Mentor lernte ich, dass ich frühzeitig eine regelrechte Warteschlange von Anfragen aufbauen musste. So stellte ich sicher, dass ich kontinuierlich Dokumente erhielt, idealerweise mehrmals pro Woche (und genauso oft zentrale Informationen), sobald die Behörden begannen, meine Anfragen zu beantworten.

Gleichzeitig beobachtete ich, dass sich die Behörden oft nicht an den Gesetzestext hielten, ein Umstand, der heute noch auffälliger ist. Obwohl ich durch meine FOIA-Anfragen Einsicht in einige wichtige Dokumente erhalten habe, werden die Anfragen in der Praxis immer schwieriger, insbesondere aufgrund der Gebühren und der zum Teil jahrelangen Wartezeiten.

Der FOIA verpflichtet Behörden, Dokumente innerhalb von 20 Arbeitstagen herauszugeben, mit einer möglichen Fristverlängerung um 10 Arbeitstage bei „außergewöhnlichen Umständen”. Bedauerlicherweise werden jedoch nur die wenigsten FOIA-Anfragen innerhalb dieser gesetzlichen Frist beantwortet. Die Verzögerungen sind ein erhebliches Problem für Journalisten. Informationen können im Laufe der Zeit an Wert verlieren, etwa Informationen über einen Kandidaten, die nach der Wahl einen geringeren Nachrichtenwert haben, oder Informationen über einen Krieg, die weniger wertvoll sind, sobald der Konflikt beendet ist. Informationsverschleppung kommt oft einer Informationsverweigerung gleich.

Erschwerend kommt hinzu, dass die Behörden sehr eng auslegen, wann eine beschleunigte Bearbeitung von FOIA-Anfragen erforderlich ist. So lehnte der Geheimdienst der Armee im Jahr 2013 meinen Antrag auf beschleunigte Bearbeitung für Dokumente ab, die im Zusammenhang mit der Gefährdung der nationalen Sicherheit durch die Snowden-Enthüllungen standen, obwohl dies eine Frage von großem öffentlichen Interesse war. Selbst wenn eine Behörde sich für eine beschleunigte Bearbeitung entscheidet, dauert das Verfahren lange. Im Jahr 2014 fragte ich beim Justizministerium Dokumente an, die mit dem Vorwurf in Verbindung standen, die CIA habe ohne Genehmigung auf die Computer von Mitarbeitern des Geheimdienst-Ausschusses des Senats zugegriffen. Obwohl diese Anfrage beschleunigt bearbeitet wurde, entschied die Behörde, dass sie keine Dokumente vor dem 29. Januar 2016 veröffentlichen würde. Als die Informationen endlich zugänglich gemacht wurden, erwiesen sie sich gelinde gesagt als aufschlussreich und zogen gewaltige Kreise. Ich benötigte Monate, um den daraus resultierenden, 9.000 Wörter umfassenden Artikel zu recherchieren und niederzuschreiben. Dieser konzentrierte sich auf den Vorwurf, die CIA habe Senatsangestellte ausgespäht, die das Folterprogramm untersuchten. Die Senatorin Dianne Feinstein war die erste, die diesen Verdacht im März 2014 in einer beeindruckenden Rede formulierte. Zu diesem Zeitpunkt bezeichnete CIA-Direktor John Brennan ihre Behauptungen als grotesk. Es folgte ein langwieriger Streit, der beinahe zu einer Verfassungskrise führte und über das Jahr 2015 hinweg in den Medien ausgetragen wurde.

Durch meine FOIA-Anfragen wurden etwa 500 Dokumentenseiten freigegeben, die viele neue Details über den Spionagevorfall enthüllten. Es stellte sich heraus, dass Feinstein Recht hatte: Die CIA hatte tatsächlich die Arbeit von Senatsangestellten ausgespäht und damit ein Übereinkommen zwischen dem Geheimdienst und dem Ausschuss aus dem Jahr 2009 verletzt. Die Dokumente deuteten außerdem darauf hin, dass ein im Januar 2015 veröffentlichter Bericht eines CIA-Untersuchungsausschusses der Vertuschung diente. Der Bericht hatte die CIA-Mitarbeiter entlastet, die auf Senatscomputer zugegriffen hatten.

Eines der Dokumente aus diesem Fundus war ein Entschuldigungsbrief an Feinstein und den ranghöchsten Republikaner im Geheimdienst-Ausschuss, Senator Saxby Chambliss, den CIA-Direktor Brennon aufgesetzt, aber nie abgeschickt hatte. Als wir die CIA zu diesem Brief befragten, sagte man uns, das Schreiben sei uns versehentlich übermittelt worden. Der Geheimdienst bat uns dringend darum, es nicht zu veröffentlichen, da es blamabel sei. Wir lehnten ab. Dies war ein seltener Patzer der Behörden im Umgang mit dem FOIA.

Unsere Berichte über die CIA-Dokumente, die wir um Interviews mit wichtigen Senatsangestellten und Mitgliedern des Ausschusses ergänzten, beinhalteten eine weitere, explosive Enthüllung: Eine Google-Suchanfrage eines Mitarbeiters des Geheimdienst-Ausschusses hatte den CIA-Angriff in Gang gebracht. Unser Enthüllungsbericht über eine der heftigsten Kontroversen über die Geheimdienstaufsicht in den USA seit Jahrzehnten löste eine landesweite Diskussion über die Gewaltenteilung aus. Sowohl Feinstein als auch Senator Ron Wyden forderten, die CIA-Mitarbeiter zur Verantwortung zu ziehen. All das hat der FOIA möglich gemacht.

In diesem Zusammenhang ist es wichtig darauf hinzuweisen, dass ich die Dokumente nie erhalten hätte, wäre ich nicht vor Gericht gegangen. Behörden ignorieren oft sowohl Obamas Memorandum als auch die offiziellen FOIA-Richtlinien des damaligen Justizministers Eric Holder, die er den Leitern der Exekutiv-Behörden zusandte. Holders Richtlinien, die in einem Rundschreiben vom 19. März 2009 festgehalten sind, könnten nicht eindeutiger sein: „Eine Behörde darf Informationen nicht einzig und allein deshalb zurückhalten, weil sie rechtlich dazu befugt ist. Ich ermutige Behörden ausdrücklich dazu, freiwillig Informationen herauszugeben. Eine Behörde sollte niemals Dokumente deswegen zurückhalten, weil sie formal damit argumentieren kann, dass diese vom FOIA ausgenommen sind.”

Heute stellt sich natürlich die Frage, was für Richtlinien die Trump-Regierung erlassen wird, insbesondere angesichts der Feindseligkeit des Präsidenten gegenüber der Presse und dem Umstand, dass die Behörden sogar die Direktiven seines Vorgängers regelmäßig ignorierten.

In vielen Fällen verweigern Behörden Auskünfte, indem sie sich auf Ausnahme 5, oder (b)(5), berufen, die auch als „halte Dokumente zurück weil du es kannst”-Ausnahme bekannt ist. Ausnahme 5 bezieht sich auf Dokumente, die Teil von Entscheidungsprozessen hinter verschlossenen Türen sind und als „deliberativ” bezeichnet werden. Außerdem umfasst sie sämtliche „inter- oder innerbehördlichen Memoranden oder Briefe”. Es handelt sich um eine Ermessensausnahme, auf die Regierungsbehörden verzichten können, um Dokumente offen zu legen, wobei sie dies selten tun. Stattdessen erhalten Antragsteller, wenn überhaupt, in der Regel Dokumente, die umfassend geschwärzt wurden. Behörden verschleiern mittels Ausnahme 5 häufig Fehlverhalten, indem sie behaupten, bei den angefragten Dokumenten handele es sich um inter- oder innerbehördliche Kommunikation. Das eklatanteste Beispiel dafür ist vermutlich, dass die CIA es ablehnte, einen 30 Jahre alten Entwurf ihrer offiziellen Darstellung der Invasion in der Schweinebucht an das National Security Archive herauszugeben, obwohl vier andere Fassungen veröffentlicht worden waren, ohne dass die nationale Sicherheit Schaden genommen oder die Regierung darüber beraten hätte. Erstaunlicherweise argumentierte der Geheimdienst, der fragliche Entwurf könne zu Verwirrung darüber führen, ob es sich bei diesem Dokument um die offizielle Geschichtsschreibung der CIA handele.

Ein weiteres wiederkehrendes Problem ist, dass sich das FBI auf Ausnahme 7(A) beruft. Diese Ausnahme ermöglicht es Behörden, „Dokumente oder Informationen” zurückzuhalten, die zum Zweck der Strafverfolgung erstellt wurden und bei denen „es Gründe zu der Annahme gibt, dass sie Strafverfolgungsverfahren beeinträchtigen könnten”. Mit dieser Ausnahme bin ich bei meiner Arbeit häufig konfrontiert, da ich oft Dokumente oder Informationen über aktuelle Ereignisse anfrage.

Als der Kongress im Jahr 1974 Ausnahme 7 überarbeitete, entschied er sich bewusst für die Worte „Dokumente oder Informationen”, um die pauschale Ausnahme von Ermittlungsakten abzuschaffen. Bis dahin konnten Behörden Dokumente, die sie zurückhalten wollten, einfach in eine Ermittlungsakte legen. Dann war das Dokument allein aufgrund seiner Fundstelle „von der Veröffentlichung ausgenommen”. Auf diese Art umgingen Behörden ihre Offenlegungspflichten.

Trotz der eindeutigen Absicht des Kongresses und der eindeutigeren Sprache des FOIA in der Änderung von 1974 hält das FBI bis heute Informationen zurück, wenn das angefragte Dokument „sich in einer Ermittlungsakte befindet, die nach 5 U.S.C. 552(b)(7)(A) von der Offenlegung ausgenommen ist”. Ich selbst habe Dutzende Ablehnungen vom FBI erhalten, die auf dieser falschen Auslegung des FOIA basierten. Das Pressebüro des Justizministeriums stellte sich bei allen Beschwerden, die ich einreichte, hinter die Entscheidung des FBI. Das FBI verteidigt seine Position nicht vor Gericht, sondern prüft, sobald es zu einem Rechtsstreit kommt, den Antrag erneut, wobei es dann die korrekte Auslegung des FOIA zugrunde legt. Das Problem ist damit hinfällig. Mit anderen Worten: Das FBI ist durchaus bereit, nach einzelnen Dokumenten in Ermittlungsakten zu suchen, aber erst, wenn man es verklagt.

Ein anderes, verbreitetes Problem bei FOIA-Anfragen, das insbesondere freiberufliche Journalisten mit begrenzten finanziellen Möglichkeiten betrifft, sind die astronomischen Gebühren, die viele Behörden verlangen, um potenzielle Antragesteller im Voraus abzuschrecken. Diese Praxis ist vor allem auf bundesstaatlicher Ebene weit verbreitet, und ihr ist kaum beizukommen. Beispielsweise suchte ich im Jahr 2014 in der Stadt Ferguson in Missouri Emails von Beamten, in denen die Erschießung des unbewaffneten, schwarzen Jugendlichen Michael Brown erwähnt werden. Ein Beamter der Stadt sagte mir, dass ich vorab 2.000 US$ zahlen müsse, damit die Suche durchgeführt und der Stadtjustitiar etwaige passende Emails durchsehen und schwärzen könne. Das war ein eindeutiger Versuch, mich davon abzuhalten, auf öffentliche Dokumente zuzugreifen. Ich sagte dem Beamten, dass diese Dokumente von öffentlichem Interesse seien, was auch in der großen Medienresonanz auf den Fall Brown deutlich werde. Außerdem sollten mir als Journalist die Gebühren erlassen werden. Ich beschwerte mich bei Megan Asikainen, einer Beamtin der Stadt Ferguson, über die exorbitanten Gebühren. Sie informierte mich per Email darüber, dass meine Beschwere abgewiesen worden sei, „weil die Gebühren notwendig sind, um die angefragten Materialien zur Verfügung zu stellen”. Mit anderen Worten: Es spielte keine Rolle, dass ich vor hatte, die Öffentlichkeit zu informieren. Darüber hinaus erläuterte sie, dass die 2.000 US$ „auf einer Schätzung der Programmierkosten für diese aufwändige Anfrage und der Recherchezeit für die Dokumente, die möglicherweise relevant sind, basieren”.

Also entschied sich mein Arbeitgeber VICE News, der Stadt einen Scheck auszustellen, vor allem, um sie zu zwingen, Farbe zu bekennen. Nach Abschluss der Suche erhielten wir gerade einmal sieben Emails, die jedoch wichtig waren, da sie enthüllten, dass sich einige Polizisten in der Stadt selbst als Opfer sahen. Die Polizisten sagten, sie befürchteten, dass sich Leute aus der Stadt auf sie „einschießen” würden, und sie „schwierigen” Kontakt zu den Medien hätten.

Auf bundesstaatlicher Ebene besteht unter Journalisten das Missverständnis, zur Vermeidung von Gebühren genüge es, sich bei einer FOIA-Anfrage als Journalist zu erkennen zu geben. Aber wenn Gebührennachlässe verweigert werden, dann meist deshalb, weil ein Journalist bei seiner Anfrage nicht ausführt, wie er die Dokumente zu verwenden gedenkt, und nicht zeigt, dass deren Offenlegung „mit großer Wahrscheinlichkeit bedeutend zum öffentlichen Verständnis von Maßnahmen oder Aktivitäten der Regierung beiträgt”. Journalisten müssen in ihren Anfragen mit den richtigen Worten begründen, warum ihnen die Gebühren erlassen werden sollen und sie müssen belegen, dass sie in der Lage sind, die Informationen einer breiteren Öffentlichkeit zu vermitteln. Journalisten stehen viel zu oft hilflos da, wenn ihnen gesagt wird, dass die Dokumente, die sie suchen, Hunderte oder Tausende Dollar kosten. Der FOIA ermöglicht es, Widerspruch einzulegen, wenn ein Gebührenerlass verweigert wird, und diesem wird meiner Erfahrung nach meist stattgegeben. Man muss sich allerdings die Zeit nehmen, diese Fragen zu beantworten. Das alles dauert unweigerlich lange, was den Nachrichtenwert eines Artikels beeinträchtigen kann.

Selbst wenn Journalisten ihre FOIA-Anfrage äußerst gründlich vorbereiten, verschleppen die Behörden oft die Bearbeitung. Damit verhindern sie, dass Dokumente dann veröffentlicht werden, wenn sie sie am dringendsten benötigt werden. In den meisten Fällen sorgt eine Klage dafür, dass eine Anfrage ganz oben auf dem Stapel landet, und sie beschleunigt die Herausgabe von Dokumenten. Diese Erfahrung habe ich in den letzten sechs Jahren immer wieder gemacht. Aber nicht alle Journalisten sind in der Lage, die erheblichen Mittel aufzubringen, die für eine FOIA-Klage notwendig sind. Selbst große Medien kommen teilweise zu dem Ergebnis, dass die Kosten einer Klage ihre Vorteile übersteigen.

All das bedeutet, dass Behörden vom Verteidigungsministerium bis hinunter zur Stadtverwaltung immer häufiger Wege finden, um die Regeln im Sinne einer faktischen Zensur anzuwenden – entgegen der ausdrücklichen Direktiven des ehemaligen Präsidenten und Justizministers. Angesichts dessen, dass die USA bei der öffentlichen Zugänglichkeit von Dokumenten Maßstäbe setzen, ist diese Entwicklung entmutigend und verhindert zweifellos, dass wichtige Artikel veröffentlicht werden.

Doch vielleicht gibt es Hoffnung. Im Frühjahr 2016, wenige Wochen vor dem 50. Jahrestag der Verabschiedung des Freedom of Information Act, bestätigte der Kongress ein Reformgesetz, das Präsident Obama kurz darauf unterschrieb. Das neue Gesetz soll es Journalisten, Historikern und der allgemeinen Öffentlichkeit erleichtern, Zugang zu Dokumenten zu erhalten, indem es Regierungsbehörden dazu zwingt, transparenter zu agieren. Damit wird Obamas ursprüngliches Memorandum Gesetz und weist alle Regierungsbehörden an, „im Sinne der Offenlegung zu handeln, um ihre Verpflichtung auf die im FOIA verbrieften Werte zu erneuern und eine neue Ära der offenen Regierungsführung einzuleiten”.

Der wichtigste Teil des Reformgesetzes ist die Revision der Ausnahme 5, der „halte Dokumente zurück weil du es kannst”-Ausnahme. Wenn Regierungsbehörden sich auf diese Ausnahme beriefen, die nur für interne Beratungen gilt, konnten sie Dokumente bis in alle Ewigkeit zurückhalten. Aber nach dem neuen Gesetz dürfen Bundesbehörden Dokumente mit Bezug auf interne Beratungen nur 25 Jahre lang zurückhalten. Für Historiker ist das eine bedeutende Änderung. Darüber hinaus verpflichtet das Gesetz Regierungsbehörden dazu, neue Richtlinien zu verfassen, in denen sie erläutern, wie sie die Reformen des FOIA zu implementieren gedenken. Daran arbeiten sie gerade. Allerdings stellt das Gesetz den Behörden keine zusätzlichen Gelder zur Verfügung, um die Reformen durchzuführen. Das bedeutet, dass es weiterhin zu langen Verzögerungen kommen wird und die Behörden zweifellos versuchen werden, Schlupflöcher zu finden, um die Öffentlichkeit im Dunkeln zu lassen.

Jason Leopold wurde als Investigativreporter für den Emmy nominiert. Er ist zudem Redakteur des Nachrichtenportals BuzzFeed, auf dem er über Fragen der nationalen Sicherheit berichtet.